Oh du höllische Weinachtszeit
Wir schreiben das Jahr 2019. Und wieder neigt sich ein Jahr dreckiger Luft und stundenlanger Staus dem Ende zu. Um die Lärm-, und Dreckbilanz nochmal kräftig nach oben zu korrigieren öffnet der Weinachtmarkt seine Pforten um Scharen fossilen Brennstoffs getriebener Besucher in seinen Bann zu ziehen. Nach erfolgter Metamorphose des Autofahrers zum Fußgänger stellt sich eine gänzlich andere Sicht der Realität ein. Um die Konsumlaune nicht zu vermiesen muss der Verkehr von den Ballungszentren fern gehalten werden und wird daher auf die Anwohnerstraßen umgelegt.
Die Osnabrücker Bürger sind bereits Einiges von der Stadt und Verkehrsplanung gewohnt und wenn man denkt es geht nicht schlimmer wackelt nun auch wieder 18 Stunden am Tag jede Wand im Zimmer. Das schöne daran ist, dass man als Betroffener ganz neue Seiten an sich entdeckt, die man so vorher nicht kannte. Der Persönlichkeitaufbau zum formvollendeten Wutbürger, den man als nicht Betroffener oft belächelt und nicht ernst nimmt, wird vom passiven zum aktiven Gesellschaftsmitglied. Ziviler Ungehorsam, wie man ihn nur noch auch aus Geschichtsbüchern zu Zeiten der 68ger Generation des letzten Jahrtausends kennt, wird so auf eine nie für möglich gehaltene Weise wiederbelebt. Ein Relikt aus dieser Zeit – den regelmäßig wiederkehren Schlachten zu Ehren der Castortransporte – zeigt dem Bürger eine Möglichkeit auf die Verkehrsmissstände aufmerksam zu machen : Diese Möglichkeit ist die Sitzblockade und dessen dadurch bedingte Sperrung von hoch belasteten Straßen. Dies führt in der Bevölkerung zu den unterschiedlichsten Reaktionen wie Verständnis für die Situation, Hohn, Verbale Kriegsführung über den gesamten Straßenzug bis hin zu Anteilnahme. Einzig die Teilnahme wird von den meisten Bürgern aus Angst vor Konsequenzen verweigert. Das unterscheidet den konsequent handelnden Bürger vom politisch korrekten Zombie.
Dokumentation der Weinachtlichen Hölle
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